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Bürgermeisterwahl in Meißen: Drei Kandidaten offiziell zugelassen – Signalwahl für Sachsens Kommunen

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Bürgermeisterwahl in Meißen: Drei Kandidaten offiziell zugelassen – Signalwahl für Sachsens Kommunen

Drei Namen, ein Amt: Meißen sucht die Nachfolge nach 21 Jahren

In Meißen endet eine Ära: Nach 21 Jahren räumt der parteilose Oberbürgermeister Olaf Rasche das Feld. Der städtische Wahlausschuss hat nun drei Kandidaten offiziell zugelassen – und damit den Startschuss für eine Wahl gegeben, die weit über die Stadtgrenzen hinaus beachtet wird. Denn die Bürgermeisterwahl Meißen trifft auf ein politisch aufgeladenes Umfeld in Sachsen und rückt Fragen in den Mittelpunkt, die viele Kommunen umtreiben: Stabilität, Finanzen, Sicherheit und der Kurs zwischen Tradition und Wandel.

Antreten werden Markus Renner (45), derzeit Beigeordneter und Finanzbürgermeister der Stadt, parteilos und getragen von einem breiten demokratischen Bündnis aus CDU, SPD, Linkspartei und lokalen Wählergruppen. Für die FDP geht Martin Bahrmann (38) ins Rennen, der auf seine Verwurzelung in der Stadt setzt. Dritter im Feld ist René Jurisch (51), ein Bauunternehmer, der als Parteiloser antritt – allerdings mit Unterstützung der AfD. Sein Name sorgt bereits für Reibungspunkte, weil seine politische Vergangenheit Fragen aufwirft.

Meißen gilt als „Wiege Sachsens“ und als Marke mit Strahlkraft: Porzellan, Dom, Altstadtkulisse. Doch unter der Postkartenansicht liegen die üblichen kommunalen Baustellen: bezahlbarer Wohnraum, Kinderbetreuung, Verkehr und Parken in der Altstadt, ein handfester Fachkräftemangel und die Frage, wie sich Tourismus und Alltag in Einklang bringen lassen. Wer das Rathaus übernimmt, steht zudem vor harten Haushaltsjahren – steigende Kosten, wachsende Aufgaben, engere Spielräume.

Die Kandidaten, die Regeln – und was politisch auf dem Spiel steht

Was dürfen Wählerinnen und Wähler erwarten? In Sachsen wird der Oberbürgermeister direkt gewählt, die Amtszeit beträgt sieben Jahre. Üblich ist die absolute Mehrheit: Erreicht im ersten Wahlgang niemand mehr als 50 Prozent, folgt eine Stichwahl zwischen den beiden Besten. In einem Dreierfeld wie in Meißen ist das wahrscheinlich. Dann zählen Bündnisse, Profile und die Fähigkeit, über das eigene Lager hinaus Stimmen zu holen.

  • Markus Renner (45, parteilos): Seit 2016 Finanzbürgermeister und Stellvertreter von Olaf Rasche – damit tief in der Verwaltung verankert. Renner kennt die Einnahmen, die Ausgaben und die Reibungen des Apparats. Dass ihn CDU, SPD, Linke und weitere Gruppen unterstützen, ist in Sachsens Kommunalpolitik bemerkenswert: eine Art Stabilitätsangebot gegen die Polarisierung. Politisch bedeutet das: Wer Renner wählt, bekommt Verwaltungserfahrung und die Aussicht auf ein Stadtrats-Umfeld, das Kooperation signalisieren will.
  • Martin Bahrmann (38, FDP): Der Liberale setzt auf Bodenhaftung und lokales Netzwerk. Sein Pfund: Er kann sich als pragmatische Alternative zwischen Lagern anbieten, mit wirtschaftsfreundlichem Blick, aber ohne die Reizpunkte, die der AfD-nahe Kandidat mitbringt. Für ihn wird es entscheidend sein, ob er eigene Themen groß macht – etwa Entbürokratisierung für Mittelstand und Handwerk – und ob er im Fall einer Stichwahl zum Zünglein an der Waage wird.
  • René Jurisch (51, parteilos, von der AfD unterstützt): Bauunternehmer, betont heimatverbunden. Die AfD lobt ihn als „Meißner Original“ und rechnet sich Chancen aus – gestützt auf jüngste Wahlergebnisse: Bei der Stadtratswahl 2024 kam sie auf etwa 32,9 Prozent, bei der Landtagswahl auf 36,9 Prozent der Zweitstimmen, bei der Bundestagswahl auf 42,7 Prozent. Jurisch selbst spricht davon, „Mitarbeiter der Bürger“ sein zu wollen. Für Debatten sorgt seine Vergangenheit: eine kurze Mitgliedschaft in der NPD vor etwa 25 Jahren und die Gründung eines Vereins mit dem Namen „Verein zur germanischen Brauchtumspflege Schwarze Sonne Meißen“. Die „Schwarze Sonne“ wird in der Neonazi-Szene als Ersatzsymbol für das verbotene Hakenkreuz genutzt – Beobachter sehen darin ein deutliches Warnsignal. Jurisch betont heute seine Verbundenheit mit der Stadt und sein Unternehmerprofil.

Die Rollen sind damit grob verteilt: Renner als Verwaltungsprofi mit breitem Bündnis, Bahrmann als liberaler Macher mit lokaler Erdung, Jurisch als Herausforderer mit Rückenwind aus AfD-Milieus – und mit einem biografischen Erklärungsbedarf. Für die Kampagne heißt das: Stadtfinanzen, öffentliche Sicherheit, Sauberkeit, Bauprojekte und Verkehr werden Kernthemen. Hinzu kommt ein sensibles Feld: Wie schützt man die historische Altstadt und schafft trotzdem Platz für Wohnen, Handel und Tourismus?

Ebenfalls entscheidend: Hochwasserschutz entlang der Elbe, die Finanzierung von Kitas und Schulen sowie die Unterstützung für Vereine und Kultur. In vielen Städten prägt die Energie- und Wärmewende die lokale Agenda – Förderanträge, Umbaupläne, Bürgerdialoge. Hier punkten Kandidaten, die Prozesse erklären können und verlässlich Prioritäten setzen.

Das politische Umfeld ist aufgeladen. Die AfD ist in Meißen wahlstark, aber Bürgermeisterwahlen sind Personenwahlen: Nähe, Glaubwürdigkeit und Alltagsthemen wie Sperrmülltermine, Baustellenmanagement und Parkgebühren wiegen oft schwerer als Parteiprogramme. Gleichzeitig weiß das demokratische Lager, dass es in einer Stichwahl auf Geschlossenheit ankommt. Die Unterstützung für Renner ist ein Signal genau dafür. Für Bahrmann ist die Ausgangslage knifflig: Er muss sich profilieren, ohne am Ende den eigenen Stimmenabfluss in einer möglichen Stichwahl zu riskieren.

Was macht das Amt so einflussreich? Der Oberbürgermeister ist nicht nur Repräsentant, sondern Chef der Verwaltung, Personalverantwortlicher und zentraler Steuermann im Haushalt. Er verhandelt mit Investoren, Landesbehörden, Fördermittelgebern und Nachbarkommunen. Wer hier Erfahrung mitbringt, ist im Vorteil – wer frische Ideen und klare Kommunikation liefert, ebenfalls. Meißen braucht beides: solides Haushaltsmanagement und Projekte, die spürbar sind – von sicheren Radwegen bis zu belebten Erdgeschosszonen.

Formell ist der Fahrplan klar: Der Wahlausschuss hat die Bewerbungen geprüft und zugelassen, die Stimmzettel werden nun vorbereitet. Informierte Wähler werden sich Programme, öffentliche Auftritte und Bürgerdialoge genau anschauen. Erwartbar sind Infostände, Saalveranstaltungen und viel Social Media. Die Briefwahl dürfte eine große Rolle spielen – ein Faktor, der Kandidaten zu früher, kontinuierlicher Präsenz zwingt.

Und Olaf Rasche? Nach 21 Jahren im Amt hinterlässt er eine Stadt, die durch stabile Führung geprägt war. Übergaben nach langen Amtszeiten sind heikel: Netzwerke verändern sich, eingespielte Routinen auch. Für die neue Spitze heißt das, schnell Tritt zu fassen – mit einem verlässlichen Team, klaren ersten Projekten und einem Stil, der Gräben nicht vertieft. Die Stichwortliste für die ersten 100 Tage liegt auf der Hand: Haushaltsrealität offenlegen, Baustellen priorisieren, Bürgergespräche verstetigen, Sicherheit und Sauberkeit sichtbar anpacken, Förderprojekte straffen.

Am Ende entscheidet die Beteiligung. Hohe Beteiligung hilft Kandidaten, die in die Mitte der Stadt hineinreichen; niedrige Beteiligung begünstigt feste Lager. In Meißen ist beides möglich. Sicher ist nur: Diese Wahl sendet ein Signal – über die Stadt hinaus, hinein in die kommunale Debatte Sachsens, wie viel Pragmatismus, wie viel Konflikt und wie viel Bindekraft die lokale Politik noch mobilisieren kann.

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