Der britische Boxidol Ricky Hatton ist am Sonntagmorgen, 14. September 2025, in seinem Haus im nordenglischen Hyde tot aufgefunden worden. Er wurde 46 Jahre alt. Die Polizei bestätigte den Einsatz vor Ort und erklärte, man behandle den Fall nicht als verdächtig. Eine formale Identifizierung und die weitere Untersuchung durch den Gerichtsmediziner stehen noch aus. Die genaue Todesursache ist nicht bekannt. Hattons Familie bat um Zurückhaltung und Privatsphäre – und erinnerte zugleich daran, dass er „Generationen inspiriert“ habe.
Nach Angaben aus Polizeikreisen gibt es derzeit keine Anzeichen für ein Verbrechen. In solchen Fällen folgt in Großbritannien in der Regel eine Untersuchung durch den Coroner, der anhand von Berichten und, falls nötig, einer Obduktion die Todesursache feststellt. Ein offizieller Terminplan dafür wurde noch nicht veröffentlicht. Freunde und Weggefährten zeigen sich erschüttert, viele würdigen seine besondere Nähe zu den Fans – ein Markenzeichen, das ihn weit über den Ring hinaus populär gemacht hat.
Hatton hatte in den vergangenen Jahren offen über gesundheitliche Probleme gesprochen. Er thematisierte wiederholt mentale Belastungen und den Druck eines Lebens, das früh im grellen Rampenlicht stand. Gerade seine Offenheit brachte ihm zusätzlichen Respekt ein: Er war nicht nur einer der erfolgreichsten britischen Boxer seiner Ära, sondern auch eine Stimme für jene, die abseits der Kameras kämpfen – mit sich selbst, mit Rückschlägen, mit dem Auf und Ab des Alltags.
Geboren 1978 in Stockport, aufgewachsen in Hattersley, stieg Ricky Hatton in den 1990er-Jahren aus kleinen Hallen in Manchester auf – mit einem Stil, der kompromisslos nach vorn marschierte. Aggressive Ringkontrolle, wuchtige Körpertreffer, dazu ein Tempo, das Gegner zermürbte: Das war „The Hitman“. Sein Durchbruch kam 2005 in der Manchester Arena, als er den gefürchteten Champion Kostya Tszyu nach elf Runden zur Aufgabe zwang. Mit diesem Sieg sicherte er sich den IBF-Titel im Superleichtgewicht und wurde linealer Weltmeister – ein Meilenstein für den britischen Boxsport.
Es folgten weitere große Nächte. Im November 2005 vereinte Hatton die Gürtel im Superleichtgewicht, indem er den WBA-Champion Carlos Maussa stoppte. Ein Jahr später stieg er ins Weltergewicht auf und schlug Luis Collazo nach Punkten – ein Beweis, dass er auch in der höheren Klasse konkurrenzfähig war. Legendär blieb zudem der kurze, brutale Abschluss gegen José Luis Castillo 2007: Ein perfekt gesetzter Körpertreffer beendete den Kampf in der vierten Runde, ein Highlight in jeder Karriere-Rückschau.
International aber wurde Hatton in Las Vegas zur Kultfigur. Zehntausende britische Fans reisten ihm hinterher, die Stadt färbte sich an Kampftagen himmelblau. Sein Duell mit Floyd Mayweather Jr. im Dezember 2007 war eine globale Bühne, sportlich endete es mit einer TKO-Niederlage in Runde zehn. 2009 folgte die bittere K.-o.-Niederlage gegen Manny Pacquiao in Runde zwei – ein Schlag, der die Zerbrechlichkeit selbst großer Karrieren zeigte. Hatton kam 2012 noch einmal zurück, verlor gegen Vyacheslav Senchenko durch Körpertreffer und beendete seine Profikarriere mit einer Bilanz, die ihn dennoch fest im Pantheon des britischen Boxens verankert: zahlreiche WM-Gürtel, Mega-Events, ein unverkennbarer Stil – und eine Fangemeinde, die ihm durch Höhen und Tiefen folgte.
Seine Verbindung zu Manchester blieb eng. Hatton war bekennender Manchester-City-Fan, „Blue Moon“ wurde zu seiner akustischen Visitenkarte beim Walk-in. 2008 füllte er gegen Juan Lazcano das City-of-Manchester-Stadion mit rund 55.000 Zuschauern – eine Zahl, die zeigte, welche Sogwirkung er im eigenen Land entfalten konnte. Kaum ein britischer Boxer verband nationale Verwurzelung und internationale Ausstrahlung so mühelos.
Nach der aktiven Laufbahn blieb er dem Sport treu – als Promoter, Trainer und Mentor. In seinem Gym in Hyde betreute er Talente und gab Erfahrung weiter: über Technik, aber auch über den Umgang mit Erwartungsdruck. Dass sein Sohn Campbell den Profipfad einschlug, verlieh dem Namen Hatton eine neue Generation. 2022 stand Ricky selbst noch einmal im Rampenlicht, als er in Manchester ein – regeltechnisch lockeres – Schaulaufen gegen Marco Antonio Barrera absolvierte. Es war Erinnerung und Verabschiedung zugleich: Der Kämpfer war nicht weg, er hatte nur seinen Platz gewechselt.
Der menschliche Teil seiner Geschichte ist schwerer zu messen als Titel und Zahlen. Hatton sprach ehrlich über Tiefpunkte, über innere Kämpfe, und suchte Hilfe. Genau diese Verletzlichkeit – neben all der Härte im Ring – ließ ihn vielen nahekommen, die sonst wenig mit Boxen anfangen konnten. Er war der Mann aus der Nachbarschaft, der es auf die größten Bühnen schaffte und dabei nie vergaß, wie voll die Pubs morgens um fünf waren, wenn in Vegas die Glocke läutete.
Mit seinem Tod endet ein Kapitel, das den britischen Sport über zwei Jahrzehnte geprägt hat. Formal werden die nächsten Schritte – Coroner, Todesfeststellung, Trauerfeier – Zeit brauchen. Sportlich aber ist eines sofort klar: Die Fußspuren, die Ricky Hatton in Manchester, in britischen Arenen und in Las Vegas hinterlassen hat, sind tief. Sein Name bleibt verknüpft mit großen Nächten, mit Gesängen in Blau, mit einem Stil, der keine halben Sachen kannte – und mit dem Gefühl, dass der Weg aus einem normalen Leben bis ganz nach oben möglich ist.
Schreibe einen Kommentar